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Matthias Lackas an Kriegsgerichtsrat Jürgens zu Haftbedingungen
24.12.1943

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Viereck Transkript Olaf Simons, 2003

Einordnung

Matthias Lackas an Kriegsgerichtsrat Jürgens, Gesuch zu Verhören nicht gefesselt erscheinen zu müssen, Klage über eigenen zermürbten psychischen Zustand durch Isolationshaft.

Dokument

BA-ZNS Aachen, RH 69/1e.

Name des Briefschreibers:
Matth. Lackas
Zug.-Nr.: 2893/43
(bei allen Sendungen anzugeben)
Berlin NW 40, den 10.12. 1943
Gelesen: [Kürzel Jürgens] 6/I 44

 

 

An das
Gericht der Wehrmachtskommandantur
Abt. XI z.H. des Herrn Kriegsgerichtsrat Jürgens
Berlin-Charl.

 

Sehr geehrter Herr Kriegsgerichtsrat!
 
Sie werden bei der gestrigen Zeugenvernehmung gemerkt haben, daß ich kaum sprechen konnte und die Gedanken in keiner Weise beisammen hatte. Das kam durch Ihre Anweisung, daß ich gefesselt vorzuführen bin. Dadurch war innerlich dermaßen aufgewühlt, daß es mir schwer fiel, die Fragen des Herrn Vorsitzenden zu beantworten und der Verhandlung richtig zu folgen. Es kommt hinzu, daß ich seit 4 Monaten Einzelhaft habe, obwohl alle anderen Zellen seit den letzten Terrorangriffen mit 3 Mann belegt sind. Täglich und besonders abends beginnen für mich dann die Ängste um den nächsten Fliegerangriff., den ich alleine, eingesperrt in der Zelle erleben muß. Sie werden nach der Heftigkeit der letzen Angriffe verstehen, daß dadurch die Nerven in unerhörter Weise beansprucht werden. Die 4 Monate Einzelhaft sind auch nicht spurlos an mir vorbeigegangen. Manchmal glaube ich tat-sächlich, dem Wahnsinn nahe zu sein. Durch die Fesselung werde ich aber seelisch am meisten beansprucht, sie raubt mir fast vollkommen den Verstand und die innere Ruhe. Darf ich deshalb heute, am hl. Abend die recht herzliche Bitte aussprechen, in Zukunft von dieser Maßnahme abzusehen. Ich laufe bestimmt nicht weg, dessen können Sie sicher sein. Ich werde doch durch eine bewaffnete Aufsicht dort vorgeführt.

Mit deutschem Gruß!
Matth. Lackas