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Schreiben Friede H. Kraze an Otto Stoffregen
Endorf, 5.3.1934

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Einordnung

Schreiben Friede H. Krazes an Reichsleiter Otto Stoffregen mit Bitte um Schutz ihres Pseudonyms Heinz Gumprecht. Die Adressierung ist falsch und bedingt, daß die Autorin erst am 23.3.1934 die erwünschte Antwort erhält.

Dokument

BA Berlin RKK 2100 Friede H. Kraze

Mitglied des R.D.S.
Nr.564
Endorf, Obb.
Haus Heimat
den 5.3.34

 

Sehr geehrter Herr Reichsleiter!

Nach monatelanger Krankheit bin ich eben nach Hause zurückgekehrt. Man hat mir in der Zeit alles ferngehalten, was Arbeit und Geschäftliches betraf, und meine Sekretärin und Freundin Fräulein von Krause hat alles Nötige für mich erledigt. Ich weiss nun nicht, ob sie in Sorge um meine sehr angegriffene Gesundheit vielleicht nicht zu weit gegangen ist, indem sie mich nicht von der Notiz in "Der Schriftsteller", den Pseudonym betreffend, eher benachrichtigt hat. Das Blatt ist allerdings auch erst Ende Januar in Ihre Hände gelangt. Ich möchte mir erlauben zu dieser Angelegenheit Ihnen noch folgende Mitteilungen zu machen.

1) Im Sommer 1933, als die Aufforderung kam, den Fragebogen wegen der Mitgliedschaft auszufüllen, hatte ich noch keinen Pseudonym. Für das in der Folge tu veröffentlichende Buch erschien mir aber ein Pseudonym unerlässlich. Ich darf Sie, sehr geehrter Herr Reichsleiter, völlig ins Vertrauen nehmen, und Sie werden mir sicher beipflichten, dass der Roman eines Kriegsgefangenen im Sommer 1933, als die Aufforderung kam, den Fragebogen wegen der Mitgliedschaft auszufüllen, hatte ich noch keinen Pseudonym. Für das in der Folge tu veröffentlichende Buch erschien mir aber ein Pseudonym unerlässlich. Ich darf Sie, sehr geehrter Herr Reichsleiter, völlig ins Vertrauen nehmen, und Sie werden mir sicher beipflichten, dass der Roman eines Kriegsgefangenen, von einer Frau geschrieben , von vorn herein mit einem Vorurteil aufgenommen werden mußte. Vielleicht wäre es sogar schwierig gewesen, einen Verleger für ihn zu finden. — Ich hatte ein innerliches Recht, dieses Buch zu|<2> zu schreiben, da ich auf Grund früherer Bücher sicher war, die russische Landschaft und die russische Seele denkbar richtig erfaßt zu haben. Es haben mir dies seinerzeit in langen, eingehenden Briefen Deutschrussen und Balten bezeugt nach meinen drei Romanen Die von Brock (Ein Roman des Deutschtums in Rußland), (1916), Jahr der Wandlung (1925), Die Freiheit des Kolja Iwanow (1927). Man hat von mir weitere Auskünfte über Rußland und das Baltikum verlangt, man hat gemeint, ich sei in Rußland geboren und mein Leben lang dort gewesen, man hat mich als Mann, als Schriftsteller angesprochen. Ich habe für das alte Rußland offenbar immer eine besondere Einfühlung besessen, und alles darauf Bezügliche mit äußerstem Interesse und stärkster seelischer Anteilnahme aufgenommen und verarbeitet. So habe ich auch, was russische Kriegsgefangene mir hier und dann erzählten, sehr bald Figur und Farbe gewinnen sehen. Und eines Tages lag das Buch des russischen Kriegsgefangenen innerlich fertig vor mir, obgleich es noch lange Zeit u. Arbeit nahm, bis es tatsächlich auf dem Papier stand. Ich habe das Manuskript unter dem Pseudonym Heinz Gumprecht an einen unserer ersten Zeitschriftenverlage gegeben, der den Roman dringend zu bringen wünschte. Auch mein Buchverleger, Bertelsmann, der fast alle meine Romane gebracht oder übernommen hat, und seine Lektoren haben den Roman gelesen, ohne zu ahnen, wer der Verfasser ist. Auch Bertelsmann war sofort entschieden, das Buch zu bringen, trotz des ganz unbekannten Namens des Autors. Ich habe ihn später über die Person Heinz Gumprecht aufgeklärt. Der andere Verlag, den ich den Roman nach langen Verhandlungen schließlich nicht lassen konnte, da sich sonst die Buchausgabe um ein Jahr verzögert hätte, kennt den Namen heute nicht, wie überhaupt niemand sonst. Ich habe nach dem Erscheinen dieses Romans nicht nur ausnehmend gute Kri-|<3>tiken erhalten, sondern auch Zuschriften aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und aus dem Auslande, besonders von Frontkämpfern und Kriegsgefangenen, die das Buch aufs eindringlichste Bestätigten und mir dafür dankten, dass ich diese Form und Lösung für ihr gewissermassen eigenes Erleben gefunden habe.

Ich habe den dringenden Wunsch noch einen zweiten Roman unter dem Pseudonym schreiben zu dürfen. Erstlich, weil es wieder der Roman eines Mannes sein wird, und zwar möchte ich das Schicksal des deutschen Mannes schildern von seiner Kindheit an bis auf die heutige Zeit. Der Deutsche Mann, aus dem Volke hervorgegangen, der ewig sehende, suchende, irrende, sich immer wieder auf einer höheren Stufe wiederfindende, bis er in Gott, Heimat und in der großen, herrlichen Bewegung unserer Zeit und unter dem Führer seine Erfüllung findet. Es wird en großer, mehrbändiger Roman werden. Die harte Arbeit vieler, vieler Jahre haben [!] meine Kräfte etwas stark belastet, so dass ich mir wohl dringen wünschte, noch eine ruhige Zeit vor mir zu haben, um mein Werk ungestört vollenden zu können. Aus all diesen Gründen, war ich so eifrig bemüht, das Inkognito aufrecht zu erhalten. Ich wollte aber in keiner Weise dabei inkorrekt handeln. Ich hatte deshalb sofort, nachdem das Buch herausgekommen war, und die ersten Kritiken einliefen — ich gestatte mir eine beizulegen — mich mit einem Vertrauensmann besprochen, ob er vielleicht in Berlin persönlich beim R.D.S. sich orientieren würde, wie ich mich verhalten müßte. Er war absolut der Meinung, dass noch keine Notwendigkeit bestünde, mich zu offenbaren.

Ich hatte kürzlich einen Besuch meines Verlegers bei mir in Baden-Baden, wo ich zur Erholung weilte, vorgehabt, dem R.D.S. zu schreiben, dass|<4> Gumprecht ein Pseudonym wäre, dass aber dieser Schriftsteller unter seinem wirklichen Namen seit vielen Jahren Mitglied des Schutzverbandes gewesen sei und auch jetzt mit allen dazu notwendigen Vorbedingungen dem R.D.S. angehöre und wolle bitten, dass das Pseudonym aufs strengste gewahrt würde. Ich konnte aber nicht selbst schreiben eines langjährigen Armleidens wegen, so lange ich unterwegs war und in Krankenbehandlung. Ich konnte mich einer fremden Schreiberin nicht anvertrauen, sondern mußte warten, bis ich wieder zu Hause war. Jetzt teilte mir Fräulein von Krause mit, dass sie in dieser Angelegenheit bereits an Sie geschrieben hätte.

Vielleicht darf ich mir die Freude machen, Ihnen das Buch von Gumprecht "Die magischen Wälder" persönlich zu überreichen dazu auch meinen Rußlandroman "Die von Brock" und den Grenzlandroman (Polen), "Land im Schatten" der jetzt neu in Volksausgabe erscheinend, innerhalb von drei Monaten bereits die dritte Auflage, jede zu 5000 erleben durfte, und dem ich es verdanke, dass ich in Thüringen (meine frühere Heimat war Weimar) in den Führerinnenausschuss des Vereins des Deutschtum im Auslande gewählt wurde.

Für den Kürschner gab der Verleger bisher an: H. Gumprecht. Pseudonym, durch den Verlag. " So erhalte ich auch alle Zuschriften. Darf ich nun um einen möglichst umgehenden gütigen Bescheid bitten, wie ich mich dem Kürschner und Zeutschriften gegenüber bezüglich des Pseudonyms und der Mitgliedsnummer verhalten muß. Könnte ich nicht für Gumprecht eine zweite Mitgliedschaft durch zweimaligen Beitrag erwerben. Es liegt, wie Sie verstehen werden, mir alles an|<5> der Geheimhaltung des Namens, für einige Jahre wenigstens.

Es empfiehlt sich Ihnen mit deutschem Gruß und
Heil Hitler!
Frieda H. Kraze


Ende