Von 1937 bis 1939 wird das Unternehmen Bertelsmann← in Gütersloh baulich modernisiert — dazu gehört auch die Einrichtung von Luft- und Gasschutzräumen für den Kriegsfall. Der Firmenchef Heinrich Mohn← korrespondiert persönlich mit Werkluftschutzbezirksvertrauensstelle Bielefeld — ihn verdrießt insbesondere, daß er den Beginn des Krieges nicht bestimmen kann und darum nicht weiß, welche Nutzung wie schnell aufzuheben sein wird.
Dokument
Bertelsmann-Archiv I.2/2150
H. Mohn
Verlagsbuchhändler
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i.Fa. C. Bertelsmann
Verlagsbuchhandlung Gütersloh
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Gütersoh, den 11.11.37
M/Ge
Werkluftschutzbezirksvertrauensstelle Nr. 2.
Bielefeld
Oberntorwall 24.
Nochmals bitte ich um Ihren Rat wegen der Gasschutzräume. Es handelt sich jetzt um die Nutzung der Räume in Friedenszeiten. Meist wird davon gesprochen, dass man Material hineinlagern kann. Das scheint mir aber bedenklich, denn bei einem Kriegsaubruch müssten ja die Räum sofort freigemacht werden. Da es aber nicht in meiner Hand liegt, den Zeitpunkt für den Ausbruch des Krieges zu bestimmen, muss ich praktisch stets in der Lage bleiben, die Gasschutzräume freizumachen. Bin ich das aber, so kann ich natürlich die betreffenden Materialien sofort an die andere Stelle legen. Umgekehrt, kann ich das nicht, so sind die Schutzräume bei Kriegsausbruch nicht verfügbar. Ich habe nun daran gedacht, einen der Räume als Brausebad einzurichten. Über die Möglichkeit habe ich mit der Auergesellschaft, Berlin verhandelt und die beiliegende Auskunft erhalten. Es handelt sich also nicht wie die Auergesellschaft meint, um die Zweckmässigkeit der Benutzung als Schutzraum während des Krieges, sondern um die Heizungsmöglichkeit im Winter der Friedensjahre als Brauseraum.
Dass die Heizrohre gasdicht durch die Wände durchgeführt werden müssen, ist mir selbstverständlich. Ich würde ausserdem bei Eintritt und Austritt der Rohre aus dem Raum noch Absperrventile anbringen lassen und glaube nicht, dass dann irgendeine Gefahr bestehet.
Zuleitung von Wasser wird nach den ersten Ausführungsbestimmungen zum § 1 der zweiten Durchführungsverordnung zum Luftschutzgesetz unter Ziffer 65 ohnehin gewünscht, als Zapfstelle für Kaltwasser. Ist aber einmal Wasserleitung im Raum, so wird auch ohne weiteres eine Brauseeinrichtung möglich sein. Auch da würde ich ein besonderes Absperrventil einschalten.
Ist aber einmal Wasser im Raum, so muss natürlich auch für die Abwassereinrichtung gesorgt werden. Bei meinem Erweiterungsbau wäre es ohnehin das Gegebene, die Kanalanlage zwar nicht durch die Schutzräume, aber unter den Schleusen durchzuführen, da die Abwässerleitung auf anderem Wege nicht genügend Gefälle bis zur Strasse hat. Aber der von mir vorgesehene Weg unter den Schleusen hindurch ist ja ausserordentlich sicher. Einmal würde er unter Beton erfolgen und dann ist über dem Schutzraum, auch über den Schleusen eine Eisenbetondecke von 2.500 kg Tragkraft je qm, doppelt widerstandsfähig, weil andere Stelle wo der Kanal durchgeführt werden würde, nach beiden Seiten in geringem Abstand 50 cm dicke Mauern stehen. Nach oben sind mit je weiteren 3 m Abstand nochmals Eisenbetondecken jedesmal von 1500 kg Tragkraft je qm vorhanden und dann 3-4 m weiter oben noch das normale Dach, Selbstverständlich müssen Rückstossventile eingebaut werden, wie die Degea auch sagt. Ist aber einmal eine Kanalanlage da, so kann auch die Klosettanlage im Schutzraum mit den nötigen Vorsichtsmassregeln angeschlossen werden.
So hoffe ich, dass gegen meine Pläne weiter keine Bedenken bestehen und bitte um Ihre Äusserung hierzu. Bei Kriegsausbruch hätte diese Art der Raumverteilung in Friedenszeit den Vorteil, dass der Raum sofort frei ist. Einen weiteren Raum würde ich mit Gasschutzgeräten, Bänken und Stühlen füllen, die im Ernstfall der Gefolgschaft meiner Firma in dem Schutzraum als Sitzgelegenheit dienen. Den 3. und 4. Schutzraum würde ich allerdings je nach Bedarf als Lagerraum benutzen. Immerhin wäre für den ersten Augenblick schon gesorgt, bis dann in wenigen Tagen auch die weiteren Rume freigemacht werden könnten.
Heil Hitler
[gezeichnet Heinrich Mohn]