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Schröer, Gustav
14.1.1876 - 17.10.1949

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Viereck Olaf Simons, 2004

 

 

Biographie
Nachlaß
Literatur
Gustav Schröer

Photo auf dem Schutzumschlag von Heimat wider Heimat, 1929

 

Biographie

Geboren am 14.1.1876 in Wüstegiersdorf im Waldenburger Bergland, Schlesien. Ursprüngliche Ausbildung als Organist und Küster. Erste Stellung vom 1.4.1896 für drei Monate in Ziegenbrück Thüringen. 1.7.1896 Versetzung nach Eßbach. Arbeit dort als der "Waldschulmeister" seit 1913 von Schriftstellerei begleitet. 1920 Berufung als Bezirksjugendpfleger nach Erfurt. Ab 1922 Schulrat in Weimar. Ab 1924 Herausgeber der protestantischen, im Wartburg-Verlag erscheinenden Kirchenzeitung Glaube und Heimat. Mitherausgeber sind Pfarrer August Ludwig, genannt der "Bienenprofessor", Kirchenrat Seidel aus Thema und Kirchenrat von Senffleben aus Eisenach. Die Schriftleitung ruht anfänglich auf den Schultern aller vier, nach den ersten Todesfällen bleiben Schröer und Ludwig übrig, beide verlassen schließlich wegen Arbeitsüberlastung das Blatt (Artikel dazu in der letzten Nummer des Jahres 1929). Eine neue Phase beginnt für das Blatt 1929 unter der Schriftleitung von Ernst Otto - eine theologische Arbeit brachte Schröer nicht in das Unternehmen ein, es diente ihm vor allem als publizistische Plattform. Mit der Herausgabe des Kirchenblatts Pflugschar, 1928-1932, sowie der Zeitschrift des Thüringer Landbunds bleibt Schröer journalistisch tätig.

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Heimatromane zwischen Spitzweg-Lieblichkeit, militantem Bauerntum und Nationalsozialismus

Die Masse der Romane, die Schöer vorlegte, ist mit über 70 Titeln kaum überschaubar. Bereits die bei Bertelsmann verlegten Titel müssen ihn annähernd zum Millionär gemacht haben - soweit ersichtlich summierte sich hier sein Honorar auf 734.889 Reichsmark. Allein 1941 betrugen seine Einnahmen bei Bertelsmann 213.025,13 Reichsmark.

Die Themen seiner Romane weisen Wiederholungen auf. Schröers Helden sind auf dem Land verwurzelt, wobei hier einige Spannbreite von modernen Siedlern bis hin zu alten heruntergekommenen Bauergeschlechtern besteht. Der Schauer der Verbundenheit mit der Geschichte ist ein beliebtes Angebot seiner Romane. Historische Sujets mit einer Vorliebe für das 19. Jahrhundert ergänzen dieses Angebot - Schröer kann sich hier schriftstellerisch im Klang an die Bürgerlichen Realisten anlehnen. Gleichzeitig bewegt er sich wiederholt in einem dezidiert politischem Fahrwasser. Auffällig ist hier sein 1928 in der Hanseatischen Verlagsanstalt verlegter und später von Bertelsmann übernommener Roman Das Land Not. Ein Roman aus unseren Tagen, in dem er am Beispiel einer Landgemeinde, deren Bevölkerung zum einen Teil vom Land lebt, zum anderen im Bergbau beschäftigt ist, exemplarisch die politischen Konflikte der späten zwanziger Jahre aufkeimen läßt - seine Entscheidung fällt hier für die Landvolk- und Bauerntums-Bewegung als zukunftsweisender politischer Kraft und sowohl gegen die Kommunisten wie gegen einen diabolischen Demagogen, der sich kurzfristig an die rechtssozialistische Umerziehung der ihm anvertrauten Landjugend macht. Das Buch scheint aus politischen Gründen Mitte der dreißiger Jahre vom Markt genommen worden zu sein.

Zum Bestseller wurde sein Heimat wider Heimat bei Bertelsmann in Gütersoh von 1929 bis 1949 mit über 800.000 Exemplaren verlegt - Spitzweg-Biedermeierlichkeit strahlt aus dem in ein unbestimmtes 19. Jahrhundert verlegten Roman: Ein wandernder Uhrmachersgeselle verliebt sich in Thüringen, wo er freundliche Aufnahme bei einem alten Uhrmachermeister fndet, der keinen Nachfolger für sein Geschäft hat. Blut und Boden-Mytholgie bricht in diesen Roman ein, als die friesische Mutter des Gesellen ins Spiel kommt und ihren Sohn zurück an die Küste fordert - sie hat, wie sich im Konflikt herausstellt, bereits den frühen Tod ihres Mannes auf dem Gewissen, den sue aus dem lieblichen Thüringen in das herbe Nordland führte und der dort, fern der Heimat, starb. Der Held muß sich im Verlauf gegen die Mutter und für die Stimme des väterlichen Blutes entscheiden, das ihn, wie nun offenkundig ist, in seine neue Heimat führte.

Photo aus Reinhold Braun, 'Gustav Schröer - Weg und Werk' (Gütersloh: Bertelsmann, 1935).Düster umkreisen, 1940 bei Otto Janke verlegt, Die Wiedes das Thema Degeneration gesunden bäuerlichen Erbgutes mit der Geschichte einer alten Familie, die in letzten aus Liebe gefällten Entscheidungen aus der Vermehrung ausscheidet. Schröer bewegte sich politisch soweit ersichtlich, vom rechten Spektrum der Bauernbewegung Mitte der dreißiger Jahre in den Nationalsozialismus. Er scheint mit den ersten Jahren des Zweiten Weltkriegs und unter dem Eindruck der militärischen Erfolge zum Verehrer Hitlers geworden zu sein - symptomatisch ist hier sein Gedicht "Alles ist Eins" von 1942.

Schröer starb am 17.10.1949 in Weimar - sein letzter Wohnort war dort Lindenberg 9, beerdigt wurde er im Südteil des Hauptfriedhofs.


A L L E S   I S T   E I N S

Drinnen ist draußen! Ich seh keine Begrenzung.
Ein anderes seh ich: Höchste Ergänzung!
Und ein anderes seh ich: Von Meer zu Meer
Kämpfendes Volk und ringendes Heer.
Motorendröhnen und Nadelstich,
Alles ist eins. Nichts für uns, alles für dich,
Heiliges Vaterland. Volk kämpft und Land,
Und der Blick ist vorwärtsgewandt
In die Zukunft. Für Kind und Kindeskind!
Staat sind wir, die wir heute sind.
Ob im Wüstensand, ob an des Urals Rand,
Im Garten, da sie der Kinder warten,
Im Stübchen, da das Mütterlein näht,
Auf dem Acker, da der Bauer sät,
Die Weite, durch die die Stürme brausen,
Die Säle, in denen Räder laufen,
Wo das Feuer glüht, wo das Eisen sprüht,
Alles ist eins nur: Vaterland!  – –
Und den Führer, allen Mächten zum Trutz,
Herr, den Führer, nimm in Schutz!

Quelle: Bertelsmann Illustrierte zum Tag der Arbeit, 1942, p.3.


 

Nachlaß

Ein eigenständiger Schröer Nachlaß ist, soweit ersichtlich, nicht überliefert. (Negative Rückmeldungen aus dem Thüringer Staatsarchiv, der Thüringische Universitäts- u. Landesbibliothek in Jena, dem Literatur-Archiv in Marbach, dem Archiv des Verlags C. Bertelsmann; nicht eruiert bleib bei dieser Recherche das Nietzsche-Archiv Weimar und der Verlag Quelle & Meyer). Wenige, nicht besoders aussagekräftige Briefe Schröers finden sich noch in der Stiftung Weimarer Klassik/ Goethe und Schillerarchiv, Weimar, in den Nachlässen von Börries von Münchhausen und Friedrich Lienhard.

 

Literatur

Braun, Reinhold, Gustav Schröer - Weg und Werk (Gütersloh: Bertelsmann, 1935). [Link zu Gerhard Helzels 1 MB pdf-Version]

Wulf Kirsten, Artikel in: Deutsches Literatur-Lexikon - das 20. Jahrhundert: biographisches-bibliographisches Handbuch, begr. von Wilhelm Kosch. Hrsg. von Carl Ludwig Lang, ab Bd. 2 hrsg. von Konrad Feilchenfeldt (Zürich: Saur, 1999-2000).

Ende