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Mosse, Rudolf
9.5.1843-8.9.1920

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Mäzen, Geschäftsmann und Verleger des jüdischen und liberalen Spektrums. Geboren am 9.5.1843 in Grätz, Posen. Mit Buchhandelslehre geht Mosse 1861 nach Berlin, wo er im Verlag des Kladderadatsch mitarbeitet. In Leipzig übernimmt er wenig später die Geschäftsleitung des Telegraphen und folgend mit dem Spezialgebiet der Anzeigenaquistion der Gartenlaube - letzteres mit solchem Erfolg, daß man ihm eine Geschäftsteilhabe anbietet. Er schlägt das Angebot aus und zieht 1866 nach Berlin, wo er 1867 die Annoncen-Expedition Rudolf Mosse gründet und damit den Grundstein zum späteren Medienkonzern legt. Das Geschäftskonzept ist einfach: Das von ihm geführte Annoncen Büro nimmt Annoncenaufträge von Inserenten an und leitet die Aufträge an Zeitungen weiter. Der Anzeigenpreis geht abzüglich eines Provisionspreises an die ausgesuchte Zeitung. Das erste Geschäft geht bankrott. Gerüchte gehen bis in die Zeit des Nationalsozialismus, Mosse habe mit dem Bankrott das Kapital für den zweiten Versuch 1870/71 erworben. Dem neuen Unternehmen gliedern sich bis 1892 mit Standorten in so wichtigen Städten wie Prag, Wien, Zürich, London und Paris 127 Filialen an.

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Zeitungsmagnat

Mosse perfektioniert dieses Geschäft, indem er zum einen 1872 seine erste Zeitung gründet, das Berliner Tageblatt - ein Organ, das konsequent über den Inseratenteil gewinnmaximiert wird. Mosse geht zum anderen dazu über die Inseratenteile von Zeitungen und Zeitschriften als Ganze zu pachten, um sie ausschließlich mit Inseraten seiner Vermittlung bestücken zu können.

Im Zeitungskrieg des ausgehenden 19. Jahrhunderts gründet Mosse gemeinsam mit Emil Cohn 1889 die Berliner Morgenzeitung ein Konkurrenzunternehmen zu der von Leopold Ullstein herausgegebenen Berliner Abendpost (der Ullstein wiederum ab dem 20.9.1898 die Berliner Morgenpost entgegensetzt - ein Blatt, das eine von Ullstein betriebene Annoncen-Expedition nutzt).

1904 übernimmt Mosse die Berliner Volkszeitung

Einen politisch und wirtschaftlich potenten Gegenspieler findet Mosse schließlich in Alfred Hugenberg, der 1916 Scherl aus der finanziellen Krise führt und im Jahr darauf die Anteilsgroßteile der Firmen Haasenstein und Vogler und Daube & Co. erwirbt und mit diesen Anteilen die Ala, die Vereinigte Anzeigengesellschaft Haasenstein und Vogler, Daube & Co. zur größten Anzeigen Epedition Deutschlands macht. Hugenbergs Medienkonzern steht im Verlauf mit einer Allianz im rechtsnationalen Spektrum den liberalen jüdischen Unternehmungen Mosses und Ullsteins gegenüber.

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Kunstliebhaber, Sammler und Mäzen

Mit Geschick erwarb Mosse Grund im Berlin der Gründerzeit - vor Beginn des Ersten Weltkriegs ist er Berlins größter Steuerzahler mit einem geschätzten Vermögen von fünfzig bis sechzig Millionen Reichsmark. Ein besonderer Ort gesellschaftlichen Austauschs wird das Schloß das er auf dem 1896 erworbenen brandenburgischen Gut Schenkendorf im Stil italienischer Villen der Renaissance errichtet und zu seinem Wochenenddomizil macht. Käufe moderner Kunst begründen am Ende seines Lebens eine Sammlung großen Wertes. Gemeinsam mit seiner Frau, Emilie, 1851-1924, betätigt Mosse sich in gemeinnützigen Projekten. Sie gründet 1888 den ersten Mädchenhort in Berlin, er unterstützt die Universität Heidelberg - hier hat die erste studierte Frau der Familie ihr juristisches Examen abgelegt, durch seinen Bruder Albert, der an der Universität Königsberg Rechtswissenschaft lehrte, hegt Mosse ein besonderes Interesse an der Entwicklung der Jurisprudenz - Faktoren, die ihn bewegen der Heidelberger Juristische Fakultät im März 1918 den Betrag von 400 000 Mark zur Errichtung der Rudolf-Mosse-Stiftung zu widmen. Die Zinserträge waren zu drei Vierteln für ein neu zu errichtendes "Institut für geschichtliche Rechtswissenschaft" bestimmt, dessen Forschungen sich auf den Grenzbereich von Recht und Geschichte erstrecken sollten, das letzte Viertel sollte "der Fakultät zu freier Verfügung für wissenschaftliche Zwecke" stehe. Familiäre Beziehungen erstrecken sich schließlich in das deutsche Kulturleben: Durch Heiraten war die Familie am Ende mit dem Kunsthistoriker Erwin Panofsky und dem Biochemiker Konrad Bloch verbunden. Rudolf Mosse stirbt am 8.9.1920 auf seinem Gut in Schenkendorf.

 

Literatur

Zeitungen für die Demokratie. Der Verleger Rudolf Mosse und sein Chefredakteur Theodor Wolff, in: Hermann Haarmann (Hrsg.): Berliner Profile. Berlin 1993, S. 141-160.

Kraus, Elisabeth, Die Familie Mosse (München: C. H. Beck, München 1999), 793 S.

Sösemann, Bernd, Theodor Wolff. Ein Leben mit der Zeitung (Econ-Ullstein-List Verlag, 2000).


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