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Schreiben Philipp Bouhlers an Reinhard Heydrich wegen zukünftigen Zugriffs der PPK auf Sicherheitsorgane
Berlin, 19.3.1941

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ViereckTranskript: Olaf Simons, 2004

Nachdem Bouhler über Bormann bei Hitler eine Initiative der PPK in Anschlag brachte, um zu erreichen, daß die Parteiamtliche Prüfungskommission in Zukunft selbst — ohne Absprache mit dem Propagandaministerium — gegen Bücher und Verlage vorgehen kann (siehe Bormanns erstes Schreiben in dieser Sache vom 10.3.1941), wird hier Reinhard Heydrich auf die zukünftigen Indienstnahmen des ihm unterstehenden Apparates vorbereitet.

Das Schreiben ging selben Tages im Durchschlag an das Reichsminister Heinrich Lammers, der die gesamte Entscheidung am Ende Goebbels vermitteln mußte.

Dokument

im Durchschlag in BAB (Reichskanzlei) R 43 II/ 479a [Im nachfolgenden Transkript sind dunkelgrau die Passagen ergänzt, die im Durchschlag verloren gingen.]

Berlin W 8, den 20.3.1941
Voßstraße 4
Fernruf: Ortsverkehr 12 00 54
               Fernverkehr 12 66 21

I 21/N-K-Verbotswesen-/III

Der Chef
der Kanzlei des Führers
der NSDAP

 

 

Ihr Zeichen: IV B4 a — 4068/B

Lieber Parteigenosse Heydrich!

Infolge einer peration, der ich mich unterzogen habe, und des daran sich anschließenden Genesungsaufenthaltes komme ich erst heute dazu, auf Ihr Schreiben vom 7. Februar 1941 zu antworten.

Pg. Hederich hat mir sein Schreiben an Sie in der in Rede stehenden Angelegenheit zur Kenntnis gegeben, und ich sehe damit die Sache im wesentlichen als erledigt an.

Wie Pg. Hederich Ihnen bereits mitteilte, ist Ihre Auffassung, daß der Herr Reichspropagandaminister für die Durchführung von Buchverboten allein entscheidend ist, nicht richtig. Ihre Auffassung beruhte auf der Verwaltungsanordnung über die Zuständigkeit des Herrn Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda, die der Chef der Reichskanzlei seinerzeit im Auftrag des Führers dem Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda mitgeteilt hatte.

In dieser Verwaltungsanordnung war aber nicht davon die Rede, daß dadurch die hoheitlichen Befugnisse der NSDAP. berührt werden, also auch nicht meine Befugnisse als Vorsitzender der Parteiamtlichen Prüfungskommission zum Schutze des NS-Schrifttums.

Das konnte umsoweniger der Fall sein, als diese Befugnisse sich aus meiner Beauftragung aus dem Jahre 1934 herleiteten, während die in Rede stehende Verwaltungsanordnung 2Jahre später gegeben wurde und der Führer, wenn er dabei beabsichtigt hätte, meine Befugnisse einzuschränken, mich zweifellos unterrichtet hätte.

Ich habe aber nun Anlaß genommen, unabhängig von diesen Erwägungen den Führer um eine Klarstellung zu bitten. Der Führer hat daraufhin erklärt, daß ich berechtigt bin, unmittelbar mit dem Geheimen Staatspolizeiamt (Sicherheitshauptamt) in Verbindung zu treten und Verbote von Büchern, Manuskripten Druckschriften und dergl. zu beantragen, wenn ich das aus meinem Arbeitsbereich heraus für notwendig halte. Ein Sonderfall ist dabei natürlich, wenn ich solche Verbote auf unmittelbare Weisung des Führers oder nach Vortrag bei ihm zur weiteren Durchführung an Sie durchgebe.

Der Reichspropagandaminister hat nun weiter nach der Entscheidung des Führers das Recht des Einspruchs gegen einen Verbotsantrag von mir, ohne daß dadurch allerdings die vorläufige Sicherstellung des inkriminierten Buches in Frage gestellt ist. Die Einspruchsfrist beläuft sich auf 3 Wochen. Falls eine Einigung zwischen dem Reichspropagandaminister und mir nicht möglich sein sollte, hat der Führer sich die Entscheidung in jedem einzelnen Fall selbst vorbehalten.

Ich habe bisher die Unterstützung der Arbeiten der Parteiamtlichen Prüfungskommission durch Sie stets dankbar gewürdigt und bin der Überzeugung, daß nach der durch den Führer erfolgten Klarstellung dieses Zusammenwirken ein noch engeres und intensiveres wird.

In der vom Führer gegebenen Entscheidung sehe ich keine Zuständigkeitsfrage, sondern eine grundsätzliche politische Frage, so daß also mit der jetzt festgelegten Regelung keine Einschränkung des Zuständigkeitsbereichs des Reichspropagandaministeriums verbunden ist. Es wird lediglich damit das souveräne Recht der NSDAP. auch auf diesem Gebiete dokumentiert, und die letzte Entscheidung bei auftretenden Zweifelsfällen in die Hand des Führers gelegt.

Für die praktische Durchführung werden sich nn eine Reihe von Besprechungen als notwendig erweisen, um das einheitliche Verfahren sicherzustellen. Pg. Hederich wird sich in meinem Auftrage in den nächsten Tagen wegen dieser Frage mit Ihnen in Verbindung setzen.


Ende