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Beimdiek, Wilhelm Hermann
10.3.1909 - 1982

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Viereck Hans-Eugen Bühler / Olaf Simons, 2003

Buchhändler, mit Unterbrechung der Jahre 1929 bis 1940, Mitarbeiter im Verlag C. Bertelsmann, dort für Auslieferung, das Lektorat von Felpostausgaben und ab 1941 den Kontakt mit Wehrmachtsstellen zuständig. Arrangiert in diesen Positionen mehrere Geschäfte mit Matthias Lackas - zum Teil in der Hoffnung, von diesem persönlich und am Unternehmen vorbei zu profitieren. 1944 Haft unter Korruptionsverdacht. Spielte nach dem Krieg keine bedeutendere Rolle im Unternehmen mehr.

Geboren am 10.3.1909 Gütersloh. Volks- und Mittelschule ebendort. Ab dem 1.4.1923 Buchhändlerlehre bei Tigges, Inh. Aug. Goldstein, in Gütersloh, ab 31.3.1926 dortige Gehilfentätigkeit. Ab dem 11.1.1927 Verlagsgehilfe bei C. Bertelsmann, dort Verlagsvertreter in der Ausliefgerung. Wechselt am 28.8.1929 zum Verlag Reinhard A.G.-Basel, nachdem er den Eigner im Juli auf einer Buchhändlerfreizeit kennenlernte. Heiratet 1935 Emma Brockmann, mit der er 3 Kinder hat.

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Rückkehr zu Bertelsmann - Geschäfte mit der Kriegswirtschaft

Beimdieks Arbeit im Verlag Reinhard endet am 11.5.1940 in politischen Querrelen - ihm wurde angeblich Spionage für Deutschland vorgeworfen - geringfügig anders stellte er die Umstände gegenüber den nationalsozialistischen Behörden dar: seine nationalsozialistische Gesinnung habe in der Schweiz Anstoß erregt. Am 13.6.1940 kehrt Beimdiek zu Bertelsmann zurück. Nachdem Johannes Banzhaf, der im Unternehmen von Fritz Wixforth die Position des Vertriebsleiters übernahm, den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Rechnung tragend die Herstellung zum zentralen Feld der Verlagsplanung macht, übernimmt Beimdiek die Auslieferung und den Vertrieb, Wixforths ehemaliges Arbeitsfeld. Persönlicher und schriftlicher Kontakt zu Wehrmachtsstellen in dieser Position. Eintritt in die NSDAP am 1.5.1941 (anderes Datum nach UHK I.2/1015: 1.4.1942). Enge Zusammenarbeit ab dem Januar 1943 mit Matthias Lackas, der bei Bertesmann mit der Bitte um "Sonderzuteilungen" und "Blankoschecks" vorstellig wurde. Beimdiek zeigt sich im persönlichen Arrangement bereit, Lackas von Bertelsmann aus bevorzugt zu beliefern, auch wenn die Lieferungen (wie etwa in den Angeboten vom 16.3.1943) jenseits der Legalität geschehen. Auf Provisionszahlungen, die Lackas ihm unter der Hand im Gegenzug zukommen lassen will, scheint Beimdiek jedoch später - unter dem Druck Wixforths, der im April 1943 in das Unternehmen zurückkehrt) zu verzichten. "Blankoschecks" sind Papieranforderungen, die der Verlag den Rohstoffstellen über Papierschecks vorbring, in die das Unternehmen notieren sollte, welche Bücher es unter welchem Materialbedarf an welche Kunden liefern möchte. Lackas fordert leere von Bertelsmann vorab unterzeichnete Schecks, in die er nach Belieben Aufträge und Materialkontingente einträgt, ohne daß die Anforderungen noch viel mit der laufenden Produktion zu tun haben.

Mit der Rückkehr des ehemaligen Vertriebsleiters Wixforth wird Beimdiek vemehrt im Lektorat tätig, dort mit Zuständigkeit für das "Feldpostschrifttum". Fortührung seiner Arbeit in der Betreuung von Wehrmachtsstellen (Quelle: Ergänzung zum Lebenslauf, UHK: I.2/1015). Die Geschäfte mit Lackas enden, als dieser am 31.7.1943 den Deutschen Archiv-Verlag verläßt und damit als Zwischenhändler zwischen Verlagen und Wehrmachtsstelen nicht mehr zu Verfügung steht. Heinrich Mohn erwirbt in Lösung des Problems Anfang August die Versandbuchhandlung Honig, Birkenwerder, Berlin, Beimdiek wird Teilhaber im Unternehmen und nutzt es wie vorgesehen, um aus Geschäften, die er über die Buchhandlung Honig abwickelt, Provisonen zu ziehen.

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Unter Korruptionsverdacht ab 1943, inhaftiert in Gütersloh, Berlin und Bielefeld 1944

Matthias Lackas wird am 28.8.1943 verhaftet, Johannes Banzhaf, der zuletzt mit Lackas in Korrespondenz wegen Gründung eines eigenen Unternehmens stand, wird am 3.9.1943 von der Polizei verhört und - zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr bei Bertelsmann - am 13.12.1943 unter Korruptionsvedacht gefangengenommen. Am 16.12.1943 vernimmt die Berliner Kriminalpolizei (Saal und Vogel) Beimdiek in Gütersloh. Zu seiner Person gibt er an, ein Gehalt 431 RM brutto, zuzüglich 2,5% Beteiligung am Gewinn bei der Versandbuchhandlung Honig zu beziehen, sowie 1% Provision bei Honig (das mache bis zum Tage 3-4000 RM von Honig an Provision, da er Aufträge von 300-4000.000 RM der Wehrmacht an Honig abwickelte). Die Verhörserie wird am 5.2.1944 fortgesetzt, Beimdiek nach den Vernehmungen wegen Verdunkelungsgefahr inhaftiert (an der Beerdigung seines Vaters, der dieser Tage stirbt kann er nur noch an der Hand eines Polizeibeamten teilnehmen). Am 9.2.1944 ergehen die Haftbefehle gegen Beimdiek, Wixforth und den Personalchef und leitenden Geschäftsführer des Unternehmens, Mohns Schwager Gerhard Steinsiek.

Aus der Haft macht Bemdiek am 26. und am 27. 2.1944 adressiert an die Bertelsmann-Anwalt Landmeyer schrifliche Aussagen zu den Geschäften mit Lackas. Am 6.3.1944 werden die bis dahin in Gütersloh Inhaftierten nach Berlin überführt um dort vom 14.3. bis zum 22.4.1944 im Prozeß gegen Matthias Lackas, Karl Heinz Moldt und Eberhard Ritter von Riewel zu Verfügung zu stehen. Beimdiek macht als letzter Zeuge des Prozesses am 3.4.1944 Aussagen zu seinen Geschäften mit Lackas.

Am 2.8.1944 stellt das Sondergericht Bielefeld Haftbefehle gegen Banzhaf, Beimdiek, Wixforth und Steinsiek aus, was nach Abschluß des Prozesses gegen Lackas den Rücktransport der Inhaftierten von Berlin nach Bielefeld und dort die Vorbereitung des Anschlußverfahrens gestattet.

In einer geschickten Initiative gelingt es den Bertelsmann-Anwälten vor Ort, am 23.8.1944 die vorläufige Freilassung Beimdieks, Wixforths und Steinsieks zu erwirken. Gegen diese werde, so die erfolgreiche Unterstellung der Firmenanwälte, vor allem wegen des illegal überhöhten Erwerbs von Finnlandpapier ermittelt - ein Tatsbestand, der ein Ordnungstrafverfahren rechtfertigt, nicht aber eine Inhaftierung. Die Bielfelder Sonderstaatsanwaltschaft beschließt die Freisetzung der Inhaftierten Beimdiek, Wixforth und Steinsiek am 28.8.1943, nachdem aus Berlin keine detailierteren Anklagepunkte zu beziehen sind. Am 18.10.1944 wird Beimdiek in Gütersloh erneut wegen des Luftwaffenkassettenauftrags und in Fragen der Geschäftsverantwortung bei Bertelsmann verhört, die Verantwortung für die Transaktionen wälzt er weitgehend auf Banzhaf ab.

Am 16.11.1944 stellt Steinsiek, im Unternehmen wieder für die Personalbetreuung zuständig, gegenüber der NSDAP Beimdiek und Strothmann für Schanzarbeiten am Westwall zur Verfügung (UHK: I.2/2108). Ende Februar, Anfang März 1945 gelingt es den Bertelsmann-Rechtsbeiständen Möhle und Landmeyer mit dem ermittelnden Bielfelder Sonderstaastanwalt Niederlag die Auflösung des Verfahrens zugunsten eines Ordnungsstrafverfahrens auszuhandeln, in dem die involvierten Wirtschaftsstellen ihre Ansprüche gegenüber Bertelsmann geltend machen müssen. Für Banzhaf, Beimdiek, Steinsiek und Wixforth bedeutet die Entscheidung den Freispruch von allen Korruptionsvorwürfen. Am 19.3.1945 werden die Haftbefehle gegen sie offiziell aufgehoben.

Wilhelm Beimdiek gewann nach dem Zweiten Weltkrieg keine bedeutendere Position mehr im Unternehmen C. Bertelsmann.

 

Literatur

Friedländer, Saul et al. (eds.), Bertelsmann im Dritten Reich (Gütersloh: Bertelsmann, 2002).

Hans-Eugen Bühler/ Olaf Simons, Die blendenden Geschäfte des Matthias Lackas. Korruptionsermittlungen in der Verlagswelt des Dritten Reichs (Köln: Pierre Marteau, 2004), 208 S, ills. [Verlagswerbung]


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