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Deutscher Archiv-Verlag

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Viereck

1913 von Rolf Roeingh gegründeter Verlag, in den 1930ern und 1940ern mit deutlichem Schwerpunkt Reiterliteratur und Turniersport. Wird im Dritten Reich während des Kriegs bevorzugter Lieferant der Luftwaffe und gerät in dieser Geschäftsbeziehung in die Korruptionsermittlungen, in deren Zentrum 1943/44 die Wehrmachtsangehörigen Pinski und Schepelmann sowie der Buchhändler Matthias Lackas und seine Umfeld in der Verlagswelt stehen. Das Unternehmen wird 1944 treuhänderisch von Hans Neumann geleitet, das weitere Schicksal der Firma ist nicht ermittelt.

Chronologie

1913

Gründung durch Rolf Roeingh.

1937/38

Die persönliche Beziehung Roeinghs zu Heinrich Schepelmann verhilft dem Archiv-Verlag zu ersten Aufträgen der Luftwaffe.

1939

Nach der Besetzung Frankreichs und gemeinamen Fahrten Roeinghs und Schepelmann nach Paris und in die besetzten Westgebiete wird im Verlagsgebäude ein Lager für Mangelwaren (Alkohol, Seife, Damenstrümpfe, Zigarren, Zigaretten) eingerichtet.

1940

Es gelingt Matthias Lackas vom Deutschen Verlag, Versandbuchhandlung Arnold in das Auftragsvergabe-Verfahren der Luftwaffe einzudringen und eine zentrale Position als Auftragsvermittler zwischen der Luftwaffe und den sie beliefernden Verlagen zu gewinnen.

1.1.1943

Nach Ausscheiden von Matthias Lackas aus dem Deutschen Verlag arrangiert Schepelmann dessen Übertritt in den Archiv-Verlag. Roeingh sichert Lackas als Provisionsarrangement ein Drittel des von den Verlagen eingeräumten Rabatts zu, vorausgesetzt 30% des Verkaufspreises bleiben dem Archiv-Verlag als Rabatt — die Regelung ist bei Rabattsätzen von bis zu 55% (Bertelsmann) für beide Parteien extrem einträglich.

Frühjahr 1943

Von Seiten des Deutschen Verlags wird innerhalb der Reichsschrifttumskammer eruiert, ob der Archiv-Verlag überhaupt in der Lage ist, als Zwischenhändler zwischen Verlagen und der Wehrmacht zu fungieren. Die Anfrage bringt den Archiv-Verlag auf die Schließungslisten.

Sommer 1943

Roeingh transferriert Vermögenswerte nach Paris. Gleichzeitig hat er einen eigenen Mitarbeiter, Dr. Neumann, eingesetzt, um im Unternehmen eine geordnete Buchführung einzurichten. Lackas hält sich im Zweiwochenturnus wechselnd in Paris und Berlin auf. Geschäfte, die er mit Pinski und damit mit dem Heer arrangiert, laufen mittlerweile auf privater Provisionsbasis am Archiv-Verlag vorbei.

Juli 1943

Während Roeingh in Paris ist, zieht Lackas offen Geld aus dem Verlag mit dem Verweis darauf, das ihm diese Beträge aus der Rabattregelung zustehen, die er mit Roeingh traf. Neumann kontaktiert Roeingh und bittet diesen, nach Berlin zurückzukommen und mit Lackas ein geordnetes Arrangement zu treffen. Lackas kündigt für den 31.7. mit dem Plan, sich selbstständig zu machen.

Herbst 1943

Die Verhaftungen von Matthias Lackas (26.8.1943) und Heinrich Schepelmann ziehen die Verhaftung Rolf Roeinghs nach sich. Neumann versucht, den Deutschen Archiv-Verlag an sich zu bringen. Roeing weigert sich jedoch, sein Unternehmen zu verkaufen. Großzügig versorgt Neumann die gegen Lackas und Roeingh ermittelnden Behörden mit Material das diejenigen, gegen die ermittelt wirde belastet.

20.3.1944

Neumann sagt im Prozeß gegen Lackas aus — mit Tendenz diesen wie Roeingh zu belasten und sich selbst als Treuhänder des Unternehmens zu profilieren.

 

Literatur

Hans-Eugen Bühler/ Olaf Simons, Die blendenden Geschäfte des Matthias Lackas. Korruptionsermittlungen in der Verlagswelt des Dritten Reichs (Köln: Pierre Marteau, 2004), 208 S, ills. [Verlagswerbung]


Ende