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Zensur von: Voigt, Bernhard, Der Farmer Seeis-Rivier. Ein Kampf um Deutsch-Südwest
Gütersloh: C. Bertelsmann, 1942

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Viereck Fallstudie: Olaf Simons, 2004

Daß Voigts Farmer von Farmer Seeis - Rivier. Ein Kampf um Deutsch-Südwest (Gütersloh: C. Bertelsmann, 1942) Gegenstand eines Zensurverfahrens wurde, ist aus den Bertelsmann-Zensurlisten und aus einem Schreiben bekannt, das Wilhelm Beimdiek, bei Bertelsmann während des Kriegs für die Auslieferung zuständig am 16.3.1943 an Matthias Lackas schickte, über den Bertelsmann Bücher an offizielle Auftraggeber absetzte.

Soweit ersichtlich, blieb im Unternehmen offen, was die Zensur nach sich zog. Die erste Auflage war 1936 bei L. Voggenrietter in Potsdam erschienen. Bertelsmann übernahm einen Titel, gegen den nichts vorlag, und druckte davon 1942 zwei Auflagen von je 30.000 Stück. Wilhelm Beimdiek meldete Lackas am 16.3.1943, kurz nach dem Zensureingriff, daß 1.809 Exemplare des Buches soeben in den Niederlanden versandfertig vorlagen - hatte man mit dem Druck einer dritten Auflage begonnen? Der Preis blieb 3,75 Reichsmark, man druckte keine Feldausgabe.

Der Zensur-Eingriff gebot eigentlich di Sicherstellung und bei Bestätigung die Vernichtung der verfügbaren Exemplare. Beimdiek entschied sich jedoch dafür, ein privates Geschäft mit Lackas unter der Hand zu versuchen. Wenn das Unternehmen die Rechnung zurückdatierte und Lackas die Exemplare an die Luftwaffe oder eine andere Wehrmachtsstelle verkaufte, dann war es erstens unwahrscheinlich, daß dort die Gestapo auf die kursierenden Exemplare aufmerksam wurde, und dann hielt man sich dank der zurückdatierten Rechnung zweitens die Möglichkeit offen, behaupten zu können, das gesamte Geschäft sei bereits vor dem Zensureingriff über die Bühne gegangen. Die Waffen-SS war in den Augen des Verlagsmitarbeiters ein heiklerer Abnehmer, an sie wollte er das Werk lieber nicht abgesetzt sehen.

Der klene Handel sollte nebenbei privaten Nutzen entfalten. Beimdiek erhoffte sich, wie aus dem Schreiben hervorgeht, mit dem kleinen, in eine größere Transaktion eingeschlossenen Geschäft, eine persönliche Beteiligung am Gewinn, den Lackas Dank seiner Findigkeit machte - dieser erhielt ein Drittel der Rabattsumme aller Geschäfte, die er Anfang 1943 über den Deutschen Archiv Verlag abwickelte - eine Gewinnmarge, die ihn veranlaßte, Verlagsvertretern, die über ihn Bücher verkauften, Beteiligungen unter der Hand zukommen zu lassen. Beimdiek an Lackas am 16.3.1943: "Wenn Sie mir hierfür etwas überweisen wollen, bin ich Ihnen dankbar, wenn Sie den Betrag auf 2 Schecks verteilen. Bei Bertelsmann soll keiner etwas von diesen Sonderzuteilungen in diesem Umfang und auch nicht von Ihren Zuteilungen erfahren. Wie steht es übrigens mit unseren 200 Fl. Wein aus Trier und ein paar Pullen BOLS? Sie konnten doch noch welchen kriegen! Aber jetzt fange ich bald an, mich meiner Bettelei zu schämen." Auf die besondere Provision will der Verlagsmitarbeiter am Ende verzichtet haben. Die gesamte Transaktion zeigt indes deutlich, daß man mit Zensur-Eingriffen von Verlagsseiten durchaus abgebrüht umging.